In unserem früheren Newsletter über das Digitalpaket der Europäischen Union zum Online-Handel haben wir die Regeln zum innergemeinschaftlichen Fernabsatz an Nichtunternehmen detailliert dargestellt. Die ab 1. Juli 2021 geltenden Änderungen haben jedoch eine bedeutende Auswirkung auch auf die umsatzsteuerliche Behandlung gewisser Leistungserbringungen, es ist daher wichtig, dass wir auch auf die damit verbundenen Optionen eingehen.
Im Spiegel der Änderungen möchten wir jetzt ungarischen Unternehmen, die im Rahmen Ihrer Tätigkeit Dienstleistungen an nichtunternehmerische Verbraucher in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, d.h. in der Regel an Privatpersonen erbringen, eine Zusammenfassung über die neuen Regeln und über die einzelnen Optionen geben.
Erweiterung des MOSS-Systems – Wer kann betroffen sein?
Das neue System der einzigen Anlaufstelle (One-Stop-Shop – „OSS”) ist ein Nachfolger des seit 2015 betriebenen MOSS (Mini-One-Stop-Shop), d.h. Mini-Einzige-Anlaufstelle, in der sowohl der Kreis der Steuerpflichtigen als auch der Kreis der Transaktionen erweitert worden sind. Das frühere MOSS-System stellte für Dienstleistungen an Nichtunternehmen (z.B. Privatpersonen), die auch aus der Ferne oder elektronisch erbracht werden können (d.h. Dienstleistungen in den Bereichen Telekommunikation, Rundfunk- und Fernsehsendungen bzw. elektronische Dienstleistungen wie bspw. Online-Bereitstellung von Software, Musik oder Filmen bzw. ihre Bereitstellung zum Herunterladen), eine effektive Möglichkeit für die Sachbearbeitung an einer einzigen Anlaufstelle dar.
Mit der Einführung von OSS wurde die Möglichkeit einer einfachen Sachbearbeitung über die o.g. Dienstleistungen hinaus auf gewisse Dienstleistungstypen erweitert, die an Nichtunternehmen in anderen EU-Mitgliedstaaten erbracht werden. Solche an Nichtunternehmen erbrachten Dienstleistungen können unter anderem Dienstleistungen sein, die Immobilien in einem anderen Mitgliedstaat betreffen (Planung einer konkreten Immobilie, Wertermittlung einer Immobilie, Immobilienvermittlung), in anderen Mitgliedstaaten durchgeführte Offline- Schulungen und -ausbildungen, in anderen Mitgliedstaaten organisierte Veranstaltungen (z.B.: Hochzeiten, Ausstellungen, Präsentationen), auf dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates durchgeführte Personenbeförderungen oder Warentransporte. Es ist wichtig, dass die Anwendung des OSS-Systems nicht zwingend vorgeschrieben ist, lediglich eine Option darstellt.
Ziel dieses Newsletters ist es, im Zusammenhang mit Leistungserbringungen darzustellen, was es für ungarische Steuerpflichtige bedeutet, wenn sie für das OSS optieren.
Besteuerungsmöglichkeiten
Die betreffenden innergemeinschaftlichen Dienstleistungen an Nichtunternehmen können sogar auf dreierlei Art und Weise besteuert werden. Die Besteuerungsmöglichkeiten richten sich in der Regel nach dem Erfüllungsort der Transaktion, dieser liegt entweder in Ungarn oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Von der jährlichen Höhe des Gegenwertes bestimmter Transaktionen und von der Wahl des Leistungserbringers abhängig können wir aber eigentlich drei Besteuerungsmethoden unterscheiden.
- Erfüllungsort in Ungarn
Es ist wichtig, hervorzuheben, dass die erste Besteuerungsmethode an einen Schwellenwert geknüpft werden kann, dies gilt jedoch nur für Dienstleistungen, die in andere Mitgliedstaaten gerichtet sind, auch aus der Ferne und elektronisch erbracht werden können, sie umfasst nicht Dienstleistungen anderer Art, die an Kunden in der Union erbracht werden. Steuerpflichtige, deren Umsätze den Schwellenwert von 10.000 EUR (3.139.600 HUF) im Kalendarjahr (zusammen mit den innergemeinschaftlichen Fernabsätzen) nicht erreichen, können dafür optieren, dass sie die allgemeinen Regeln des ungarischen Umsatzsteuergesetzes anwenden (vorausgesetzt, dass sie ausschließlich in Ungarn eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte haben und ihre Kunden Nichtunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten sind). Sie ermitteln also die Umsatzsteuer nach den ungarischen Vorschriften, legen ihre Rechnungen nach den ungarischen Regeln und deklarieren die jeweiligen Transaktionen in ihren ungarischen Umsatzsteuererklärungen. Dies ist aus administrativer Sicht vorteilhafter, kann jedoch unter Beachtung des hohen ungarischen Regelumsatzsteuersatzes aus dem Gesichtspunkt des Preiswettbewerbs nachteilig sein.
- Erfüllungsort in einem anderen EU Mitgliedstaat
Bei den folgenden zwei Besteuerungsarten wird der Erfüllungsort der Transaktionen nicht in Ungarn, sondern in beiden Fällen in einem anderen EU Mitgliedstaat liegen, nach dem Prinzip des Bestimmungslandes, für das auch die Anwendung des OSS-Systems gewählt werden kann. Die betreffenden Transaktionen können in zwei Gruppen unterteilt werden. Zum einen gehören hierzu die Dienstleistungen, die auch aus der Ferne erbracht werden können, sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen, bei denen über dem Schwellenwert von 10.000 EUR (3.139.600 HUF) im Jahr (zusammen mit den innergemeinschaftlichen Fernabsätzen) die Besteuerungsart des Bestimmungslandes zwingend anzuwenden ist und darunter dafür optiert werden kann. Zum anderen gehören hierzu auch die bereits erwähnten speziellen Dienstleistungen anderer Art, die an Nichtunternehmen in der EU erbracht werden (z.B.: Dienstleistungen in Verbindung mit Immobilien, in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführte Offline-Schulungen usw.), bei denen die Besteuerung nach dem Prinzip des Bestimmungslandes zwingend vorgeschrieben ist. Es ist wichtig, dass der Steuerpflichtige bis Ende des zweiten auf das Optionsjahr (in dem für die Besteuerung des Bestimmungslandes bzw. für die Anwendung des OSS-Systems optiert wird) folgenden Kalendarjahres an seine Wahl gebunden ist.
2.1 Der Leistungserbringer hat sich im Bestimmungsland umsatzsteuerlich registrieren zu lassen und seine Rechnungen und Belege hat er ebenfalls nach den Rechnungsstellungsregeln dieses Landes auszustellen. Das alles kann einen großen administrativen Aufwand darstellen bzw. Kosten nach sich ziehen. Der Vorteil ist, dass nicht ungarische Umsatzsteuer abgeführt werden muss und in Hinsicht darauf, dass der Regelumsatzsteuersatz unter den EU Mitgliedstaaten in Ungarn am höchsten ist, kann der Bruttowert der Ware niedriger sein. Fazit: diese Besteuerungsart ist empfehlenswert, wenn die Gesellschaft auch andere Transaktionen hat, die eine umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland rechtfertigen.
2.2 Steuerpflichtige können auch für die Besteuerung nach den Regeln des Bestimmungslandes über das OSS-System optieren. In diesem Fall ist die Steuer ebenfalls nach den Regeln des Mitgliedstaates des Bestellers abzuführen (der Regelumsatzsteuersatz des Bestimmungslandes ist anzuwenden), aber bei einer OSS-Registrierung hat der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer auf die Dienstleistungen, die an alle Mitgliedstaaten erbracht werden, in dem Mitgliedstaat zu erklären und abzuführen, in dem er sich im OSS-System registrieren ließ (in diesem Fall Ungarn). Wir dürfen Sie jedoch darauf aufmerksam machen, dass im System der einzigen Anlaufstelle nur die Umsatzsteuerpflichten der Mitgliedsstaaten, in denen der Leistungserbringer keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte hat, erfüllt werden können. Die Steuererklärung ist elektronisch, über das OSS-Portal einzureichen und die ungarische Steuerverwaltung wird die über das OSS-Portal deklarierte und an sie abgeführte Steuer an die Steuerverwaltungen der Bestimmungsländer weiterüberweisen.
Vorteile einer OSS-Registrierung
- Kleinerer administrativer Aufwand:
- Es sind keine umsatzsteuerliche Registrierung und Sachbearbeitung in allen durch die Dienstleistung betroffenen Bestimmungsländern erforderlich.
- Die Umsatzsteuerpflicht kann in allen Bestimmungsländern, in dem der Steuerpflichtige keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte hat, mit einer einzigen Umsatzsteuererklärung erfüllt werden. Es sind keine Umsatzsteuererklärungen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten, auf mehrere Weise und auf unterschiedlichen Formularen auszufüllen und einzureichen.
- Es ist nicht notwendig, dass alle Rechnungen und Belege nach den Regeln unterschiedlicher Länder ausgestellt werden. Die Rechnungsstellung muss nach den Regeln des Landes der OSS-Registrierung erfolgen.
- Sinkende Kosten:
- Man braucht nicht in jedem einzelnen Mitgliedstaat einen Steuerexperte zu beauftragen. Es genügt, wenn fachkundige Unterstützung in dem Mitgliedstaat der OSS-Registrierung in Anspruch genommen wird.
- Die Umsatzsteuer kann mit einer einzigen Überweisung an die Steuerbehörde des Mitgliedstaates, in dem die OSS-Registrierung erfolgt ist, bezahlt werden. Es gibt keine getrennten Banküberweisungen mehr an die Steuerbehörden aller Bestimmungsländer und die in diesem Zusammenhang eventuell anfallenden Kosten brauchen auch nicht mehr getragen zu werden.
- Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit:
- Es ist immer der Umsatzsteuersatz des Bestimmungslandes anzuwenden. Auf diese Weise kann der Fernverkäufer keinen Wettbewerbsnachteil infolge des hohen ungarischen Umsatzsteuersatzes gegenüber den heimischen Unternehmen haben.
Welche Besteuerungsart soll gewählt werden?
Vorstehend haben wir die einzelnen Besteuerungsarten und ihre Merkmale allgemein dargestellt. Welche jedoch die beste Wahl für eine konkrete Gesellschaft ist, muss immer nach den Besonderheiten des jeweiligen Geschäftes entschieden werden. Bei der Ermittlung der für Sie günstigsten Besteuerungsart bzw. bei der Umsetzung steht Ihnen unsere Steuerabteilung gerne zur Verfügung.
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